Katrin Jaquet | neg
Katrin Jaquet | neg
Jurorin Ruth Stoltenberg über die Arbeit: "Nach dem Tod ihrer Mutter werden Katrin Jaquet mehrere Alben und Kartons mit Familienbildern aus 5 Generationen überlassen. Einige Jahre später packt sie diese Bilder aus und ver- und bearbeitet sie in einer wunderbaren fotografischen Arbeit, der Serie ‚neg‘. Beim Sichten erschienen ihr die vielen Bilder mit all den glücklichen Menschen, die da in schönen Momenten abgelichtet waren, nicht ehrlich genug. Ihr fehlten die Schattenseiten des Lebens, das Negative, und sie begab sich in einen äußerst kreativen Schaffungsprozess. Sie wandelte Fotografien digital um in Negative, überlagerte positive und negative Bilder im doppelten Sinne, schichtete Menschen und Gesichter und Generationen solange übereinander, bis stimmige Bilder entstanden - stimmig aus psychologischer, aber auch ästhetischer Sicht. Bilder, die Vertrautheit und Befremdung zugleich hervorrufen, die berührend und spannend sind." Katrin Jaquet über ihre Arbeit: „In meinen Arbeiten beschäftige ich mich mit dem Medium Fotografie und seinen Funktionsweisen. Mich interessiert, wie technische und psychologische Aspekte der Fotografie ineinander greifen. In der Serie „neg“ geht es um Familiengeschichte. Von einem sehr persönlichen Ansatz ausgehend, setze ich mich mit allgemeinen Fragestellungen auseinander. Nach dem Tod meiner Mutter vor einigen Jahren habe ich sämtliche Familienfotos übernommen. Chronologisch geordnete Alben, aber auch Kartons voller unsortierter Bilder aus fünf Generationen. Die meisten Fotos vermitteln das Bild einer intakten Familie – ein positives Bild. Und so wie auf den Bildern kein Streit zu sehen ist, fehlen im Archiv die Negative. Mich interessiert die Idee des Negativs als Potenzial – technisch, ästhetisch und psychologisch. Also stelle ich die Negative digital her und überlagere sie mit Positiven, indem ich ähnliche Motive aus verschiedenen Generationen kombiniere. Dabei suche ich den Punkt, wo sich Positiv und Negativ zu etwas Neuem verbinden, das meinem inneren Bild entspricht und gleichzeitig über mein individuelles Erleben hinausgeht. Letztlich erscheinen mir die Bilder nun eher wie Röntgen-Aufnahmen einer durchschnittlichen westdeutschen Mittelstandsfamilie, in der hinter der vordergründig glücklichen Fassade Spannungen und Unsicherheiten auftauchen. Und auch wenn ich es erst ausklammern wollte, scheinen auch die Spuren der Nazizeit durch. Kaum in Form von Uniformen oder Abzeichen, aber doch in Haltungen, Gesichtsausdrücken und Stimmungen.” Kurzbio: 1971 geboren in Rendsburg. 1991 –98 Studium Kunst und Romanistik in Kiel und Paris bei Renate Anger, Hubertus von Amelunxen, Alain Bonfand und Jean-François Chevrier. 1998 Kunstpreis NordWestLotto, 1999/2000 Stipendium Künstlerhaus Lauenburg, seit 2000 in Berlin.
Format:
Foto / Video