Anne Schönharting | Dienstag 27.04. - 19:00 Uhr
Artist Statement:
"Das Erbe
Was in anderen Familien das Gästezimmer ist, wurde in meiner Familie das ›Afrikazimmer‹ genannt. Vier Generationen lang war es der Ort für die Sammlung meines Urgroßvaters Willy Klare. Er war Anfang des 20. Jahrhunderts Kakaoplantagen-Verwalter im heutigen Äquatorialguinea.
Mehr als hundert Jahre hielt meine Familie an dieser Sammlung von Objekten, Fotos und Postkarten fest.
Das Afrikazimmer zog mit um, zuletzt in das Reihenhaus meiner Eltern im Dorf Diera bei Meißen.
Zu DDR Zeiten war das Zimmer ein Symbol für die Sehnsucht zu reisen. Der koloniale Hintergrund der Artefakte aber blieb weitgehend unreflektiert.
Nach dem Tod meiner Eltern begann ich mich mit meinem Familienerbe neu auseinanderzusetzen. Ich trug die exotischen Gegenstände in die Natur meiner Kindheit in Sachsen und reiste nach Äquatorialguinea auf der Suche nach Spuren meines Urgroßvaters.
Durch meine persönlichen Arrangements der Objekte, durch die Sichtung und Kuratierung der Fotografien und Dokumente suche ich nach einem neuen Blick auf das koloniale Familienerbe.
Im Prozess der Aufarbeitung ist ein Buch entstanden und ein Ausstellungsort. Das verdichtete Afrikazimmer, in dem die Objekte nur noch fotografische Abbildungen sind, soll umziehen, wie es das Original tat. Was mit den wirklichen Objekten passiert werde ich sehen. Sie werden ihren Weg finden."
Kurzbiografie:
1973 geboren in Meißen, 1995–1998 Ausbildung am Lette-Verein Berlin, Fachrichtung Foto-Design, 1997 Kodak Nachwuchs Förderpreis, seit 1999 Mitglied bei OSTKREUZ, 2005/2007 Medienpreis der Kindernothilfe-Stiftung, 2006 VG Bild-Kunst -Stipendium, 2006/2007 Hansel-Mieth-Preis, 2007 Lehrauftrag an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee, 2016 VG Bild-Kunst-Stipendium, Beteiligung an zahlreichen Gemeinschaftsausstellungen und aktuell vertreten mit „Das Erbe“ in der Akademie der Künste und mit „Charlottenburg“ im Haus am Kleistpark in Berlin, seit 2019 Co-Geschäftsführerin von OSTKREUZ und seit 2020 Vertretung Professur für Fotografie an der Bauhaus-Universität Weimar.
"Ob Nomaden in Kirgisien, eine Stadtutopie in Indien, Langzeit-Portraitserie in Berlin-Charlottenburg, das Leben zwischen den Mauern in Belfast oder die Beschäftigung mit dem kolonialen Erbe meines Urgroßvaters. Ich widme mich den unterschiedlichsten Themen und bewege mich dabei zwischen den Genres, sei es Porträt, künstlerische Dokumentarfotografie oder Sozialstudie. Dabei arbeite ich seit über 25 Jahren an eigenen Projekten und bin ebenfalls im Auftrag tätig."
www.instagram.com/anneschoenharting
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