Über

Als vormaliger Aktivist in verschiedenen sozialen Bewegungen finde ich über das Reisen meinen Zugang zur Fotografie. Von 1997 bis 2002 studiere ich Fotografie in der Klasse von Arno Fischer an der Fachhochschule Dortmund. Immer wieder drehen sich meine fotografischen Projekte um das Leben von Jugendlichen und jugendlichen Ausreißern an den verschiedensten Orten dieser Welt.

Statement

Als Reisender, als in die Welt Aufbrechender wollte ich die Enge meiner bürgerlichen Herkunft hinter mir lassen. In der Ferne trifft der Reisende auf andere Aufbrechende, Suchende, Wandernde. In meinem Falle waren das vielfach Menschen ohne festen Wohnsitz, Kinder und Jugendliche mit dem Lebensschwerpunkt Straße. Sie hatten das geschafft, wovon ich immer geträumt hatte, von ihren Eltern abzuhauen. Auch wenn ihre Freiheit nahe dem Gegenteil, der Zwangslage des Überlebens war, bewunderte ich doch die Radikalität ihrer Entscheidung. Mit der selben Empathie begleitete ich auch Wanderarbeiterinnen in China, die aus der Enge des patriachalen Regimes des Dorfes, das die Chance auf eine Zukunft den ältesten Söhnen vorbehält, ausgebrochen waren. Für sie bedeutet Wanderarbeit über ein eigenes Einkommen auch die Chance auf Emanzipation und Selbstbestimmung. Diese Erfahrungen prägen meinen Zugang zur dokumentarischen Fotografie. Ich bin auch in 1. Person unterwegs und habe so spannende Menschen kennengelernt, die unter teils schwierigsten Bedingungen ihren Träumen nachgehen, dass es mir fern liegen würde, sie auf einen Opferstatus zu reduzieren. Meine Bilder zelebrieren nicht das Elend und nichts liegt ihnen ferner als die Tränen des Betrachters. Stattdessen sind sie offen und vielschichtig. Der Blick des Betrachters kann zwischen verschiedenen Ebenen wandern oder irritiert hin und herspringen. Zarte Farben, Vertrautheit und Nähe treffen auf eine harte Realität, die manchmal nur aus dem Kontext, kleinen Details oder der Zweideutigkeit einer Geste hervortritt.

Ausbildung

  • 1997 - 2002 | „Fotodesign“, Fachhochschule Dortmund (DE)
  • 1984 - 1986 | Umschulung zum Werkzeugmacher, Internationaler Bund (DE)
  • 1976 - 1983 | „Germanistik, Soziologie, Philosophie“, Johann-Wolfgang-Goethe Universität (DE)

Institution (Berufserfahrung)

  • 2002 - heute | Freelance Photographer, Berlin (DE)
  • 1990 - 92 | Werkzeugmacher, Rockwell Golde, Frankfurt a.M. (DE)

Ausgewählte Auszeichnungen

  • 2018, 2008, 2004 | Projektförderung, Stiftung Kulturwerk der VG Bild-Kunst, Bonn (DE)
  • 2004 | Dokumentarfotografie Förderpreis, Wüstenrot-Stiftung, Ludwigsburg (DE)
  • 2003 | 15. BFF-Förderpreis, Stuttgart (DE)
  • 2002 | Memorial Giacometti, ehrenvolle Anerkennung, Milan (IT)
  • 2002 | UNICEF, Bild des Jahres, 2.Platz, Köln (DE)
  • 2001 | Aenne-Biermann-Preis, Anerkennungspreis, Gera (DE)
  • 2000 | Focus 2000, 2. Preis, Internationaler Foto-Wettbewerb für Student*innen, Dortmund (DE)

Ausgewählte Ausstellungen / Publikationen

  • 2016 | Landtag NRW, Düsseldorf (DE)
  • 2014 | Museum Folkwang, Essen (DE)
  • 2014 | Tblissi Photo Festival (GE)
  • 2014 | Encontros da Imagem, Praga (PT)
  • 2013 | Museum der Arbeit, Hamburg (DE)
  • 2013 | FORMAT Festival, Derby (GB)
  • 2010 | PhotoIreland, Dublin (IR)
  • 2008 | Darmstädter Tage der Fotografie (DE)
  • 2006 | Deagu Photo Biennal (KR)
  • 2006 | International Photography Gathering, Aleppo (SY)
  • 2006 | House of Photography, Moscow (RU)
  • 2006 | FotoFest, Houston (US)
  • 2006 | Kulturforum, Berlin (DE)
  • 2005 | Fotoleggendo, Rome (IT)
  • 2004 | Ruhrlandmuseum, Essen (DE)
  • 2004 | Tom Blau Gallery, London (GB)
  • 2003 | Dominikaner Kloster, Frankfurt/ M. (DE)
  • 2003 | Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg (DE)
  • 2003 | Kunstmesse Basel (CH)
  • 1999 | Les Rencontres de la Photographie, Arles (FR)
  • 1999 | Future, Home for disabled children, Odessa (UA)
  • 1997 | Fotomarathon, St. Petersburg (RU)

Persönliche Website

http://www.wmueller-photography.de

Arbeiten

Wolfgang Müller | Karat. Himmel über St.Petersburg (2000 - 2001)

Wolfgang Müller | Karat. Himmel über St.Petersburg (2000 - 2001)

Obwohl das historische Zentrum St. Petersburgs nach den Jahren des Umbruchs und des Verfalls im Vorfeld des 300. Jahrestages der Stadt wieder in weltstädtischem Glanz erstrahlt, zeugen schon im ersten oder zweiten Hinterhof des zentralen Nevskij-Prospekts mit Spritzen übersäte Treppenhäuser von einer anderen Welt. In Fotos und Interviews werden die Geschichten von Kindern und Jugendlichen erzählt, die häufig auf Dächern und Dachböden im fünften oder sechsten Stock über der Stadt eigene soziale Räume suchen. Hier finden sie Plätze zum Schlafen, um ungestört Drogen zu nehmen oder auch ihr Geld durch Prostitution zu verdienen. „Karat“, so heisst die lösungsmittelhaltige Schuhpolitur, die viele von ihnen zum Schnüffeln verwenden. Die Arbeit wurde 2002 als Fotodiplom an der FH-Dortmund eingereicht und wurde 2003 vom Vice Versa Verlag, Berlin als Fotobuch veröffentlicht.

Format:

Foto / Video

Wolfgang Müller | Mingong. Die Suche nach dem Glück (2005 - 2011)

Wolfgang Müller | Mingong. Die Suche nach dem Glück (2005 - 2011)

Millionen von Wanderarbeiter*innen (chinesisch Mingong) sind aus den armen ländlichen Regionen Chinas in die industriellen Zentren des Landes gezogen. Zwischen 2005 und 2011 begleitete ich einige von ihnen zwischen Arbeits- und privatem Alltag. Dabei versuchte ich sowohl die Dimension der Binnenmigration in China als auch die damit verbundenen Lebenswirklichkeiten in Bildern zu fassen. Vor dem Hintergrund harter Lebensbedingungen begegnen uns in dieser Arbeit, wie ich denke, einfühlsame Porträts von Arbeiter*innen mit ihren ganz individuellen Träumen und Schicksalen. Diese Arbeit wurde von der VG Bild-Kunst unterstützt. Sie wurde 2012 vom Vice Versa Verlag, Berlin als Fotobuch veröffentlicht.

Format:

Foto / Video

Wolfgang Müller | Siberia Eighteen (2004)

Wolfgang Müller | Siberia Eighteen (2004)

Eine 3-monatige Reise führte mich durch das südliche Sibirien, vom Altai durch Burjatien bis nach Sachalin. Ich traf dort Student*innen, junge Mütter, Prostituierte, Drogen User*innen, Punk Musiker und Models. Diese Arbeit wurde von der VG Bild-Kunst unterstützt.

Format:

Foto / Video

Wolfgang Müller | Sanya. Strassenkind und Zuhälter aus Odessa (1998)

Wolfgang Müller | Sanya. Strassenkind und Zuhälter aus Odessa (1998)

Das Thema der Obdachlosigkeit hat keine festen Grenzen. Es hängt mit den Themen Drogengebrauch, Gelderwerb durch Prostitution wie auch mit auf der Strasse lebenden Kindern zusammen. Und am Schluss überschneiden sich all diese Themen. Während meines Aufenthaltes in Odessa treffe ich Sanja und seinen Freund Wowa im Haus der Hilfsorganisation „The Way Home“. Sanja ist 10 Jahre alt und arbeitet als Zuhälter zweier 12-jähriger Mädchen. Eine von beiden liegt gerade im Krankenhaus während die andere hochschwanger ist.

Format:

Foto / Video