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Veranstaltung:

Nachruf auf Longest F. Stein

Stadt:

Berlin

Sehtest mit Ansage.

Nachruf auf Longest Frank Stein

Treptow, Ostberlin, im Juni 1988. Wir installierten meine Personalausstellung in der „Galerie im Kreiskulturhaus Treptow“. Longest hatte dort schon ein paar Jahre Ausstellungen und Veranstaltungen organisiert. Anfangs noch ehrenamtlich, später angestellt. Dabei hat ihn sein Instinkt für auffällige und sperrige Talente stetig angetrieben. So ist er zu einer Institution für jene Malerei und vor allem Fotografie geworden, die sich so gar nicht mit den sozial - realistischen Vorstellungen der staatlichen Kulturfunktionäre decken wollte und ständig ihrem Argwohn ausgesetzt war. Jedesmal riskierte er einen Balanceakt. Er und das Haus genossen Szene - Kultstatus und wurden Anlaufpunkt für besessene und getriebene Aktionist*innen verschiedensten Alters.

Für den Ausstellungsaufbau rackerten wir zu zweit ganze vier Tage. Immer von vormittags bis spät nachmittags. Longest nahm sich sehr viel Zeit für die Platzierung der Bilder in den zwei mittelgroßen Räumen. Zur Inspiration lief dabei Musik von der Konserve. Im Speziellen jene der amerikanischen experimentellen Rockband „PERE UBU“, die sich nach der Hauptfigur von Alfred Jarrys berühmten absurden Theaterstück benannt hatte. So krächzte also deren Mastermind und Sänger David Thomas zu schrägen Klängen stundenlang in Endlosschleife. Irgendwie passte das zu meinen experimentellen Fotoarbeiten, den Lichtspuren. „Das Schöne ist ja, dass sich jeder selbst seinen Reim auf Deine Bilder machen kann“, kommentierte Longest. Und weiter: „Bin ja mal auf die Reaktion der Kulturkommission gespannt. Nächste Woche ist hier drin Sitzung.“, fuhr er fort und feixte durchtrieben. Um mir anschließend das Vetragsformular fürs Ausstellungshonorar zum Ausfüllen rüberzureichen. Anschließend die Eröffnung. Kurz nach Laudatio und musikalischer Umrahmung entlud sich draußen ein kräftiges Sommergewitter. „Wunderbar. Besser hätte es gar nicht passen können“, war Longests Kommentar. Während die üblichen Mixgetränke angeboten wurden. Cola mit und ohne. Zufrieden wandelte er durchs Publikum, genoss den Abend sichtlich und wirkte für mich irgendwann sehr viel größer, als er war. Ab jenem Zeitpunkt glaubte ich zu wissen, warum er seinen Spitznamen trug.

Über die Jahre blieben wir in standby - Verbindung und schickten uns gegenseitig die Einladungskarten unserer neuesten Projekte. Wenn Zeit war, besuchten wir einander.

Mit und ohne Anlass. Oder ich wurde Teil einer seiner Gruppenshows. Die zelebrierte er immer wie gehabt.

Und brachte dabei Temperamente und Künste verschiedenster Art zusammen. Genau das war das Besondere. Sein Dunstkreis ewig Gleichgesinnter erweiterte sich ständig. Seine kommunikativen endlos - Heimabende wurden legendär. Die großen Auftritte des umtriebigen Impresarios mit dem ausladendem Hut sind schon jetzt zeitlos. Seit dem 16. November 2023 ist noch eine Dimension hinzu gekommen.

Claus Bach, Weimar, im Februar 2024

longest_f_stein

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