Klaus Kammerichs wird 90

Mit Beschwingtheit in der Stimme berichtet Klaus Kammerichs telefonisch über seinen anstehenden Geburtstag am 1. Dezember. Er wird in Darmstadt feiern, einiges kündigt sich an, er vermutet man wird ihm eine seiner Fotoskulpturen im handlichen Kleinformat editieren. Vor allem aber wird parallel seiner Frau Eva Weissweiler der Luise-Büchner-Preis für Publizistik verliehen. Die Pionierin der Frauen- und Gender-Forschung in der deutschsprachigen Musikwissenschaft holt die Schaffens- und Lebenskraft starker Frauen aus dem Schatten ihrer Väter, Brüder und Ehemänner. Gemäß dem Goethe‘schen Motto „Sage mir, mit wem du umgehst, so sage ich dir, wer du bist“ hat Klaus Kammerichs hier schon alle Karten auf seiner Seite. 1986 begann ihre gemeinsame Arbeit mit experimentellen Videos und Dokumentarfilmen, 2003 wurde geheiratet.

Eng verwoben mit der Kunst ist Kammerichs Schaffen von Anbeginn, die Prägung für Fotografie kam durch den Vater, ein passionierter Amateurfotograf. Fotografenlehre und frühe Berufspraxis, dann Studium bei Otto Steinert, 1954 Teilnahme an der photokina, 1956 ist Kammerichs die „Discovery of the Month“ des New Yorker Magazins Modern Photography. Direkt zieht es ihn dann ins Studium der Freien Kunst an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf, ab 1966 folgt eine jahrelange Dozententätigkeit.

Mit seinen Fotoskulpturen überführt Kammerichs auf genuine Weise die Fotografie in die Dreidimensionalität. Sie sind auch als Großskulpturen im öffentlichen Raum von Bonn bis Yokohama vertreten. Im kleineren Format setzte er den Perspektivwechsel von illusionistischem Standfoto zu abstrakt strukturiertem Objekt 1988 für die David Octavius Hill-Medaille um (siehe unser Archivobjekt des Monats). Ein radikaler Neuentwurf, der das Hill-Portrait in eine geschichtete Fotoskulptur transformiert. Diese Auszeichnung der Deutschen Fotografischen Akademie erhält Kammerichs selbst im Jahr 1994.

Wolfgang Zurborn besuchte Klaus Kammerichs jüngst in seinem Atelier. Der höchst erfreuliche Anlass: Kammerichs vermacht der DFA Fotoskulpturen für ihre Fotografische Sammlung.

Herzlichen Dank und alles Gute zum Geburtstag!

Text: Corinna Weidner, Bild: Wolfgang Zurborn