Carlos Barradas | Ferry Tales (2018 - 20)
Carlos Barradas | Ferry Tales (2018 - 20)
Jury-Mitglied Andreas Langen über "Ferry Tales": "Nur wenige Lichtbildautoren pflegen einen ausgeprägten Sinn für Sprache, Carlos Barradas schon. Der ausgefeilte Umgang mit dem abstrakten Parallel-Medium zum Visuellen ist Teil seiner Biografie: Vor dem Fotografie-Studium in Mailand hat der Portugiese Barradas einen Hochschulabschluss in Anthropologie gemacht, dazu international in Forschungs-, Wissenschafts- und Literatur-Projekten gearbeitet und publiziert. Barradas kann also schreiben, davon kann man sich leicht überzeugen, anhand seiner Selbstauskünfte und Notizen zur vorgelegten Arbeit mit dem wunderbaren Titel "Ferry Tales" - welcher im englischen Original unmittelbar auf den Begriff des Märchens anspielt; ein elegantes und sinniges Wortspiel, lesen Sie selbst! Was Barradas aus Gründen der selbstverständlichen Bescheidenheit eines klugen Autors nicht ausführt, ist die Wirkung seiner Bilder auf den Betrachter: Man fühlt sich auf fast beunruhigende Weise in die erste Reihe eines Theaterpublikums versetzt, wo man aus allernächster Nähe den Figuren einer modernen und doch zeitlosen Inszenierung zuschaut; ohne übrigens auch nur einer einzigen zu nahe zu treten - ein weiterer Hinweis darauf, wie formvollendet Barradas agiert. Menschen warten, träumen, sehnen und umarmen sich, halten still und harren der Dinge, Humantreibgut einer samtschwarzen Nacht. Das ist Augenweide und Hirnfutter vom Feinsten. Chapeau!" Barradas über seine Arbeit: "Ferry Tales ist der Anblick eines ungewöhnlichen Ortes: die Vision einer Realität, die gleichzeitig die Einsamkeit und die Unermesslichkeit, eine Sekunde und die Ewigkeit darstellt. Die Vision von etwas Trivialem, das in unserem täglichen Leben eine außergewöhnliche Qualität erlangen kann, ein Stück, das im Raum zirkuliert, stehen bleibt, schwebt. Das folgende Werk erforscht die Abfahrt, die Reise und die Ankunft eines Schiffes, bietet eine grobe Perspektive der Realität und des Imaginären und versucht vor allem darüber nachzudenken, warum das Schiff die Heterotopie schlechthin ist, denn, mit den Worten von Michel Foucault, in Zivilisationen ohne Boote vermischen sich die Träume, das Abenteuer wird durch Spionage und die Korsaren durch die Polizei ersetzt." Kurzbiografie: Barradas ist ein Fotograf mit einem Doktortitel in Anthropologie. Er hat einen European Master in zeitgenössischer Fotografie am Europäischen Design-Institut in Madrid, für den er ein Leistungsstipendium erhielt. In seiner Arbeit setzt er sich mit Zweideutigkeit auseinander. Er positioniert seine Fotografien in einem Schwebezustand, einem anthropologischen Konzept, das sich auf eine Zwischenphase oder einen Zustand in einem bestimmten Übergangsritus bezieht. Seine Absicht ist, dass die Fotografien zu einem Gefäß werden, in dem die Menschen ihre Erzählungen hinterlegen. In diesem Sinne werden sie in einen bewohnbaren Raum verwandelt, in dem emotionale Zustände, Erinnerungen sowie soziale und kulturelle Werte ins Spiel kommen, die die eigene Interpretation des Bildes bestimmen. www.barradascarlos.com
Format:
Foto / Video