Über

Als freier Fotograf habe ich meinen eigenen Lebensraum thematisiert: das Ruhrgebiet. Neben Auftragsarbeiten, in denen eine möglichst positive Darstellung dieser Region gefragt ist, fotografiere ich freie Themen, in denen ich mein eigene Sichtweise darstellen möchte. Diese befassen sich überwiegend mit der Landschaft.

Statement

Während meines Studiums an der Essener Folkwangschule in den 1970er Jahren legte ich meinen Schwerpunkt zunächst auf den Bildjournalismus, wie ihn Otto Steinert lehrte. Aber schon nach wenigen Semestern begeisterte ich mich für die Dokumentarische Fotografie, die allerdings über diese Schule kaum vermittelt wurde, mit einer Ausnahme: Albert Renger-Patzsch. Meine Vorbilder kamen hauptsächlich aus den USA, die ich über die schweizerische Fotozeitschrift CAMERA kennenlernte. Allen voran: Walker Evans. Die später so genannten „New Topographics“ beeinflussten mich erst nach meinem Studium. Mich überzeugte die überlegte und ruhige Herangehensweise der Dokumentarischen Fotografie, ihr Detailreichtum durch Verwendung größerer Aufnahmeformate. Sie hat auf diese Weise eine hohe Tauglichkeit historische Dokumente zu schaffen und damit hat sie eine Nachhaltigkeit. Die Beschäftigung mit meinem eigenen Lebensraum, dem Ruhrgebiet, ermöglichte mir ein intensiveres und längerfristiges Arbeiten. Die Dinge, die ich fotografiere begegnen mir immer wieder. Man könnte es so sagen: Ich schaue sie mir lange an, bis sie mir ihr wahres Gesicht zeigen, dann erst fotografiere ich sie. Und wenn ich das nicht auf ein Bild transportieren kann, fotografiere ich sie wieder, solange bis ich zufrieden bin. Der dokumentarische Stil ist geprägt von einer zurückhaltenden Bildsprache, die den Bildgegenständen erlaubt sich in ihrer eigenen Sprache mitzuteilen. Nur auf diese Weise kann man Veränderungen und Entwicklungen über Jahrzehnte nachvollziehbar darstellen. Seit ich mich mit dieser Form der Fotografie beschäftigt habe, ist in kunst- bzw. medien-theoretischen Diskussionen häufig die Fähigkeit der Fotografie Wirklichkeit zu vermitteln angezweifelt worden. Diese Diskussionen waren gut und notwendig, aber krankten meiner Ansicht auch oft daran, dass sie zu allgemein geführt wurden, statt sich auf konkrete Arbeiten zu beziehen. Ich bin davon überzeugt, dass der Betrachter unter bestimmten Voraussetzungen durchaus erkennen kann, ob der Fotograf sich um die Vermittlung einer von ihm wahrgenommene Wirklichkeit bemüht oder ob er vielmehr das Subjektive voran stellen will. Es kann funktionieren, wenn die fotografische Arbeit in einem klaren Kontext steht oder Fotograf und Rezipient sich auf einer gemeinsamen Ebene der Bildsprache begegnen. Im Zuge dieser Diskussion ist auch der Begriff der Dokumentarischen Fotografie ins Wanken geraten. Ich persönlich würde ihn gerne aufrechterhalten als Bezeichnung eines Stils, aber ich habe auch nichts dagegen ihn durch den moderneren Begriff „environmental photography“ zu ersetzen, der natürlich den Vorteil hat inhaltlich besser zu treffen. Natürlich sollen meine Bilder auch ein subjektives Statement sein. Ohne dieses subjektive Moment wäre Dokumentarische Fotografie blutleer und würde sich dann ja nicht von Dokumentationsfotografie unterscheiden. Christoph Schaden bezeichnet meinen Stil als „poetischen Realismus“. Da fühle ich mich gut verstanden.

Ausbildung

  • 1972 - 1977 | "Visuelle Kommunikation, Schwerpunkt Fotografie" Gesamthochschule Essen (ehem. Folkwangschule), Essen (DE)
  • 1971 | "Fotopraktikum" bei Karl-Hugo Schmölz (Architekturfotograf), Köln (DE)
  • 1971- 1972 | "Fotografenausbildung" Foto-Privatschule Marta Hoepffner, Kressbronn am Bodensee (DE)

Institution (Berufserfahrung)

  • 1978 - 1980 | Festanstellung als Fotograf, Presse- und Informationsamt der Stadt Essen, Essen (DE)

Ausgewählte Ausstellungen / Publikationen

  • Ausstellungen / Exhibitions:
  • 2015 | Museum für Photographie, Braunschweig (DE)
  • 2014 | Zeche Zollverein, Stiftung Zollverein, Essen (DE)
  • 2014 | L.A. Galerie, Frankfurt / Main (DE)
  • 2011 | Westfälisches Industriemuseum, Dortmund (DE)
  • 1999 | Rheinisches Industriemuseum, Oberhausen (DE)
  • 1979 | Museum Folkwang, Essen (DE)
  • Publikationen / Publications:
  • 2014 | Monographie "Das Gebiet", Kettler Verlag (DE)
  • 2014 | "Von dieser Welt", Kettler Verlag (DE)

Persönliche Website

http://www.joschumacherfotografie.de

Arbeiten

Joachim Schumacher | Stadtlandschaft Ruhrgebiet (1976 - 1994)

Joachim Schumacher | Stadtlandschaft Ruhrgebiet (1976 - 1994)

Schwarz-Weiß-Fotografien aus meiner Examensarbeit (1976-77), die als offenes Projekt konzipiert war und weitere freie Arbeiten bis 1994. Während ich nach dem Studium meinen Lebensunterhalt u.a. mit Werbung für das Ruhrgebiet verdiente, sollten diese Fotografien meine eigene Sichtweise auf das Ruhrgebiet darstellen. Sie stehen für das, was mich als Mensch, der in dieser Landschaft lebte, bewegte, beeindruckte und auch leiden ließ. (Das attraktive Ruhrgebiet zu fotografieren empfand ich aber auch als lohnend und wichtig, ich hätte sonst das Gefühl gehabt das Ruhrgebiet nicht fair zu behandeln.)

Format:

Foto / Video

Joachim Schumacher | Endlich so wie überall? (1985)

Joachim Schumacher | Endlich so wie überall? (1985)

1985 fotografierten 10 Fotografen das Ruhrgebiet. Das Projekt „Endlich so wie überall?“ entstand auf Initiative und unter Leitung von Ute Eskildsen, der damaligen Leiterin der Fotografischen Sammlung am Museum Folkwang in Essen, und wurde von der Krupp-Stiftung finanziert. Ich übernahm dabei den Part Landschaft. In vielen Bildern dieser Arbeit liegt der thematische Akzent auf der Modernisierung des Ruhrgebiets, die zugleich den Verlust seiner Identität bedeutet. Allmählich schwindet der Mythos Ruhrgebiet.

Format:

Foto / Video

Joachim Schumacher | Stadtlandschaft Ruhrgebiet (2000 - 2019)

Joachim Schumacher | Stadtlandschaft Ruhrgebiet (2000 - 2019)

Farbfotografien, die als freie Arbeiten entstanden. Ich sehe sie als thematische Fortsetzung meiner Schwarz-Weiß-Arbeiten. Erst als die Archivfestigkeit der Farbverfahren und -materialien erheblich verbessert wurden, konnte ich mich in meiner dokumentarischen Fotografie dazu entschließen farbig zu fotografieren. Mein Augenmerk gilt hauptsächlich 2 Aspekten: Erstens versuche ich ein typisches Ruhrgebiets-Milieu aufzuspüren, das nur noch in Resten vorhanden ist. In vernachlässigten Stadtteilen findest es sich am ehesten. Mich faszinieren dabei u.a. die vielen Zeitebenen, die sich in einem Bild wie Sedimente ablagern. Der zweite Aspekt steht sozusagen im Gegensatz dazu: Da ist es gerade die Banalität des Neuen, die mich interessiert, die aber auch weh tut, verweist sie doch darauf, dass sich das Thema Ruhrgebiet, das viele Generationen von Fotografen faszinierte, langsam erschöpft.

Format:

Foto / Video

Joachim Schumacher | Birke und Brache (2015 - 2018)

Joachim Schumacher | Birke und Brache (2015 - 2018)

Farbfotografien, die sich mit den Birkenwäldchen auf den Industriebrachen des Ruhrgebiets befassen (Gelände stillgelegter Zechen, Stahlwerke, Güterbahnhöfe). Diese Arbeit ist eine Huldigung an diese bescheidenen Bäume, die auf den Industriebrachen Pionierarbeit leisten. Sie bereiten den Boden für einen artenreichen Wald. Häufig werden die jahrelang sich selbst überlassenen Brachen dann doch wieder genutzt, weil es einen Mangel an bebaubaren Flächen gibt.

Format:

Foto / Video