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Veranstaltung:

2015 Außerordentliche Tagung | Triennale der Photographie

Datum:

28-28.06.2015

Stadt:

Hamburg

Addresse:

Deichtorhallen, Deichtorstraße 1, 20095 Hamburg

2015 Außerordentliche Tagung | Triennale der Photographie

Hier finden Sie das Programm der außerordentlichen Tagung und Kurzbeschreibungen der Präsentationen.

Programm

28. Juni

10.00 Einlass in das Auditorium Haus der Photographie

10.15 Begrüßung durch Ingo Taubhorn (Präsident der DFA) und Celina Lunsford (Vizepräsidentin)

10.30 Jürgen Scriba "Die Kamera ist mein Messgerät"

11.15 Dörte Eißfeldt "Klasse.Buch. 64 Positionen aus der Klasse Eißfeldt"

12.00 Silke Helmerdig "Fotografie im Futur Konjunktiv"

13.00 Mittagspause

14.30 Eva Schmeckenbecher "ABILICHANGEITÉ - Die Veränderlichkeit eines jeden Teils"

15.15 Dr. Gottfried Jäger "Begriffe der Fotografie"

16.00 Celina Lunsford "RAY Fotografieprojekte Frankfurt/RheinMain"

17.00 Ende der Tagung

Kurzbeschreibungen der Präsentationen:

Jürgen Scriba | Die Kamera ist mein Messgerät

J. Scriba zeigt Projekte, die öffentliche Räume wie Flughäfen, Bahnhöfen oder Bürogebäude portraitieren - jedoch weniger konkrete Örtlichkeiten, sondern vielmehr Situationen und Befindlichkeiten einfangen: ein Zusammentreffen von Menschen, die durch gemeinsame Ziele und Interessen verbunden sind und ihr Bemühen, mit einander und ihrer Umgebung zu kommunizieren.

Er verlässt die Arbeitsweisen, die das Medium in der Kunstwelt definieren: Statt die Kamera einzusetzen, um ein Bild aus einem mit Bedacht gewählten Ausschnitt der Realität zu erschaffen, ein Motiv in dem berüchtigten „entscheidenden Moment“ einzufangen, benutzt er eine Form der maschinellen Bilderfassung. Üblicherweise baut er die Kamera wie ein wissenschaftliches Experiment auf, um technisch optimales Ausgangsmaterial aufzuzeichnen. Der Verschluss wird automatisch ausgelöst, wenn geeignete Objekte ins Blickfeld geraten. Diese Fotos, von denen typischerweise tausende während eines Projekts anfallen, bilden die Basis für eine andere Art von Bildschöpfung.

Der Künstler behandelt diese Fotos als Strom von mehr oder weniger austauschbarem Rohmaterial, mit dem er die Realität neu interpretiert, indem er die seriellen Fotos in eine zweidimensionale Anordnung bringt. Die Bilder reduzieren den ursprünglichen Ort auf wenige, oft abstrakte, Merkmale, um die menschliche Dimension umso deutlicher hervortreten zu lassen: Menschen, die scheinbar rätselhafte Riten ausüben – Rolltreppen oder Aufzüge benutzen, mysteriöse Treppenlandschaften erklimmen, unergründliche Räume durchmessen.

http://www.jscriba.com/

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"Paternoster" © Jürgen Scriba

Dörte Eißfeldt | Klasse.Buch. 64 Positionen aus der Klasse Eißfeldt

Dörte Eißfeldt lehrt seit mehr als 20 Jahren an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig Freie Kunst mit dem Schwerpunkt Fotografie. In dieser langjährigen Tätigkeit hat sie zahlreiche Studenten ausgebildet, die inzwischen als Künstler national und international Anerkennung erlangt haben. Für die meisten Absolventen der Klasse bildet Fotografie zwar den Schwerpunkt ihrer künstlerischen Arbeiten, doch gerade durch die Vielfalt der Zugangsweisen und Medien – Film, Malerei, Video, Skulptur und Text – bieten sich unterschiedlichste Möglichkeiten, das Feld des Fotografischen zu erforschen und zu erarbeiten. Jeder arbeitet an einer künstlerischen Position, die sich aus der Zeitgenossenschaft und dem eigenen Erfahrungs- und Erinnerungsraum speist. Hier bietet sich die Fotografie als ein geeignetes Medium an, das zu allen anderen Künsten in einem sehr engen Wechselverhältnis steht.

http://www.doerte-eissfeldt.de/

doerte_eissfeldt.jpg
© Kehrer Verlag

Silke Helmerdig | Fotografie im Futur Konjunktiv

Sehen wir in einem Foto tatsächlich nur das Abbild eines vergangenen Augenblicks? Was wäre, wenn Fotos im Futur Konjunktiv verstanden würden? Aus dem Foto als Zeugnis des Vergangenen würde dann ein Bote eines zukünftig Möglichen.

http://www.helmerdig.de/

Silke_Helmerdig.jpg
© Silke Helmerdig

Celina Lunsford | RAY Fotografieprojekte Frankfurt/RheinMain

In einer einmaligen Zusammenarbeit feiert die Region Rhein-Main in diesem Sommer das Medium der Fotografie: Von Juni bis September 2015 präsentiert RAY 2015 Fotografieprojekte Frankfurt/RheinMain in der zweiten Ausgabe erneut herausragende Positionen der zeitgenössischen Fotografie an insgesamt 12 Standorten in Frankfurt und der Region. In einer zentralen Ausstellung und acht Partnerprojekten widmen sich über 12 Institutionen sowie 35 Künstlerinnen und Künstler aus 15 Nationen Bildfindungen zu subjektiven und inszenierten Wirklichkeiten. In der Ausstellung IMAGINE REALITY nehmen 28 Künstlerinnen und Künstler Fragmente der Wirklichkeit zum Ausgangspunkt, um imaginäre und visionäre Bildwelten zu erschaffen. Dabei bewegen sie sich zwischen dokumentarischer, angewandter und künstlerischer Fotografie. Die Ausstellung wird gemeinsam vom Fotografie Forum Frankfurt, Museum Angewandte Kunst und MMK Museum für Moderne Kunst gezeigt.

Durch die heutigen unbegrenzten Möglichkeiten der Erzeugung, Bearbeitung und Verbreitung von Bildern eröffnet sich ein facettenreiches Spektrum, um Übergangsszenarien zwischen Fakt und Illusion zu erfassen und zu interpretieren. Es entstehen neue Bildwelten, die sowohl von unserer Gegenwart zeugen als auch in die Zukunft weisen.

Die verwendeten fotografischen Mittel sind dabei so vielfältig wie die Geschichte der Fotografie und spiegeln die Transformation des Mediums wider: Traditionelle fotografische Verfahren sowie neue, durch technologische Entwicklung entstandene Möglichkeiten werden gleichermaßen in der aktuellen künstlerischen Fotografie genutzt. Bei allen unterschiedlichen Verfahren und Möglichkeiten des fotografischen Mediums zeigt die Ausstellung, was den Künstlern gemeinsam ist: Ihre Bilder führen durch Verwandlung der Umgebung in eine Welt, in der Realität und Fiktion, Fakten und Illusion untrennbar miteinander verwoben sind.

Neben der Ausstellung IMAGINE REALITY, unterstützt RAY 2015 insgesamt 12 künstlerische Neuproduktionen und 9 Partnerprojekte in Frankfurt und der Region.

Künstlerinnen und Künstler: Sonja Braas, Barbara Breitenfellner, Sophie Calle, David Claerbout, Jonas Dahlberg, Hans Op de Beeck, Cristina De Middel, Klaus Elle, Jan Paul Evers, Lucas Foglia, Joan Fontcuberta, João Maria Gusmão & Pedro Paiva, Beate Gütschow, Barbara Kasten, Annette Kelm, Cinthia Marcelle, Maix Mayer, Sanaz Mazinani, Abelardo Morell, Yamini Nayar, Miguel Rio Branco, Viviane Sassen, Kathrin Sonntag, Simon Starling, Anoek Steketee, John Stezaker, Jan Tichy, Wolfgang Zurborn.

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Plakatmotiv © Wolfgang Zurborn

Eva Schmeckenbecher | Abilichangeité - Die Veränderlichkeit eines jeden Teils

Unter diesem Titel präsentierte die Galerie La Chaufferie der HEAR, Haute école des arts du Rhin, Straßburg, im März 2015 Arbeiten von Eva Schmeckenbecher als Abschluss ihrer Residenz in Frankreich. Die Ausstellung wird vorgestellt als eine mögliche Phase von vielen aus den Arbeitsprozessen mit Bildern, Videoaufnahmen, Pilzen, Dialogen, Kameras, Papieren, geschwärzten Zeitungen, Oberflächen, Modulen, Zwischenräumen, Klebeband, Beziehungen, Assoziationen, Planeten, Schokolade, Objekten, Orten,… - d.h.: den räumlichen, zeitlichen, materiellen, medialen, technischen, kommunikativen, körperlichen, psychischen, sozialen, künstlerischen (…) Möglichkeiten, die wechselseitig aufeinander einwirken können.

Durch die heutigen unbegrenzten Möglichkeiten der Erzeugung, Bearbeitung und Verbreitung von Bildern eröffnet sich ein facettenreiches Spektrum, um Übergangsszenarien zwischen Fakt und Illusion zu erfassen und zu interpretieren. Es entstehen neue Bildwelten, die sowohl von unserer Gegenwart zeugen als auch in die Zukunft weisen.

https://www.eva-schmeckenbecher.de

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© Eva Schmeckenbecher

Dr. Gottfried Jäger | Begriffe der Fotografie

Ich spreche bewusst vom fotogenen Bild – im Anklang an die Photogenic Drawings, die fotogenischen Zeichnungen von Henry Fox Talbot (1800–1877). Ihre Genese erschien ihm wie ein Wunder: „Ich kenne wenig Dinge im Bereich der Wissenschaft, welche mehr in Erstaunen setzen als das allmähliche Erscheinen des Bildes auf dem weißen Blatte.“

Vielleicht, so die aktuelle Überlegung, können wir seinen Ausdruck heute (wieder) gut gebrauchen – nämlich um den generativen, schöpferischen, also bilderzeugenden Charakter des Fotos mit einem besonderen Wort zu kennzeichnen. Das Fotogenische wäre dann ein Pendant zum Fotografischen. Kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch beider Begriffe. Beide werden gebraucht, weil beide Realitäten existieren und weil das ambivalente Verfahren aufgrund seiner digitalen Entwicklungen im traditionellen Fotobegriff kaum mehr angemessen aufgehoben scheint: „Fotografien werden als Sinn erzeugende, nicht allein wiedergebende Konzentrationen verstanden, die mehr generieren, als sie zeigen, als ihre Sichtbarkeit zu erkennen gibt.“2 Was Coburn seinerzeit bewirkte, findet erneut und unter anderen Vorzeichen statt. Wir haben es mit anderen Fotos zu tun. Was wir da sehen, ist fotobasiert, fotogeneriert, fotocomputiert. Und es wäre hilfreich, sie künftig entsprechend zu bezeichnen – zumindest das fotogene Bild terminologisch in das zeitgenössische Begriffsrepertoire mit aufzunehmen.

Fotologie

Eine entsprechende Überlegung betrifft auch das Bildsystem Fotografie als Ganzes. Die Fotografie, so die Feststellung, kann es nicht länger geben. Zu weit gespannt ist das Spektrum ihrer Erscheinungen. Begriffe wie das dubitative, indezisive, ambiguide, undisziplinierte Bild – um nur diese zu nennen – sind Ausdruck eines Dilemmas, das punktum nicht zu lösen ist: „Man könnte meinen, die Fotografie sei nicht klassifizierbar.“ Die zahlreichen Versuche, das Foto auf einen Begriff zu bringen, mussten scheitern, weil jedes Foto zugleich ikonisch, symbolisch, indexikalisch und als selbstreferenzielles Zeichen (Indiz, Symptom) gelesen und bedeutet werden kann – je nachdem, mit welchen Vokabeln es verbunden wird, in welchem Kontext es in seine Erscheinung tritt. Jedes Foto verfügt über entsprechende Potenziale und es kommt auf den Gesichtspunkt an, unter dem es betrachtet und gebraucht wird. Der Kontext bestimmt seine Bedeutung, die Sprache seinen Rang, das Wort seinen Sinn.

Daher wäre es an der Zeit, dem Begriff des Fotografischen den des Fotologischen zur Seite zu stellen – als ein Fach der Bildwissenschaften, das sich entsprechenden Fragen widmet. Fotologie wäre dann die Wissenschaft der Fotografie. Andere Wissensfelder, wie Ikonografie/Ikonologie, Geografie/Geologie, geben ein Beispiel. So gäbe es neben der Fotografie als einer der fotografischen Praxis (Bildherstellung) verpflichteten Disziplin, die Fotologie als eine der fotografischen Theorie (Bildreflexion) verpflichtete Disziplin, ein Fach fotografischer Geistes- und Begriffsgeschichte. Damit zeichnete sich ein Forschungsfeld ab, das, so als akademischer Lehrstuhl, bisherige Erkenntnisse zusammenträgt und kanonisiert. Der Begriff Fotologie wurde meines Wissens erstmals 1991 vorgeschlagen, inzwischen in wissenschaftlichen Zusammenhängen angewendet und interpretiert.

http://www.gottfried-jaeger.de/

gottfried jäger
Gottfried Jäger im Rahmen einer DFA-Tagung 2014

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